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Martin van Beek

Auswirkungen der Ökodesign-Richtlinie

Ab dem 26. September 2015 dürfen Heizgeräte und -anlagen nur noch mit einem Energielabel verkauft werden. Es informiert per Farbskala über den Energieverbrauch. Martin van Beek, Obermeister der Innung für Sanitär- und Heizungstechnik Essen, erklärt, was auf Fachplaner, Fachhandwerker und Verbraucher zukommt und welche konkreten Auswirkungen die Ökodesign-Richtlinie hat.

Herr van Beek, um was geht es bei der neuen Richtlinie?
Das ist eine europaweite Regelung zum Klimaschutz. Die Ökodesign-Richtlinie 2015 für energieverbrauchende und energieverbrauchsrelevante Produkte (ErP) zielt darauf ab, dass durch mehr Energieeffizienz der CO2-Ausstoß reduziert wird. Der Verbraucher soll einen Kaufanreiz erhalten, dass er in eine deutlich energieeffizientere Heizungsanlage investiert.


Welche Geräte sind betroffen?
Die Richtlinie regelt die Mindesteffizienzanforderungen von Geräten. Das kennen wir schon aus den 1990er-Jahren mit der sogenannten Weißen Ware, also Waschmaschinen, Trockner, Kühlschränke. Jetzt stehen Heizgeräte oder Energieerzeuger an sich im Fokus, und zwar die gesamte Bandbreite an Heizgeräten von 1 kW bis 700 kW. Es gibt Ausnahmen, beispielsweise im Bereich der erneuerbaren Energien, Mikro-KWK-Anlagen, KWK-Anlagen und Blockheizkraftwerke.


Was ist nun vorgeschrieben?
Ab dem 26. September 2015 dürfen nur noch Geräte auf den Markt kommen, wenn sie mit einem Energieeffizienzlabel versehen sind. Dies gilt für Geräte bis 70 kW, also die typischen Endverbrauchergeräte und Warmwasserspeicher bis zu 500 Litern. Das Label braucht nicht am eingebauten Gerät im Heizungskeller zu kleben. Aber dort, wo Geräte ausgestellt sind, auf Messen und in Fachmärkten, muss das Label auf der Front angebracht sein, sodass der Kunde es sofort erkennen kann. Das Augenfälligste ist die farblich markierte Energieeffizienzklasse. Sie reicht von A++ bis G. Darüber hinaus stehen auf dem Label der Hersteller, die Art des Geräts, seine Leistung und die Geräuschemission. Fachhandwerker und Fachplaner müssen die Informationen bei der Angebotserstellung auch schriftlich mitteilen.


Eine Heizanlage besteht oft aus mehreren Einzelgeräten. Wie berechnet sich da insgesamt die Energieeffizienz?

Für die Gesamtanlage gibt es ein übergreifendes Label. Das hat zur Folge, dass ein Einzelprodukt innerhalb des Gesamtprodukts seine Effizienzklasse noch einmal steigern kann. Wenn jetzt ein Gerät beispielsweise bei A liegt, kann es durch die Hinzuziehung einer zusätzlichen Komponente wie einer Solaranlage den Effizienzbereich A++ erreichen. Möglich ist es aber auch, dass ein einzelnes Gerät der Klasse B die Energieeffizienz des gesamten Systems besser heben kann als ein Gerät der Klasse A++. Das kann der Verbraucher schlecht abschätzen, wenn er im Fachmarkt vor dem Gerät steht. Da ist Beratung vonnöten. Für den Fachhandwerker und den Fachplaner, also Architekten und Ingenieurbüros, ist es wichtig, dass die Informationen schon bei der Angebotserstellung für den Kunden sichtbar werden. Also nicht erst im Nachhinein. Es muss deutlich mehr informiert werden, womit der Aufwand steigt, weil man eben bei der ganzen Anlage vieles miteinander betrachten muss.


Wer prüft denn die Einhaltung der Ökodesign-Richtlinie? Sind Bußgelder bei Verstößen vorgesehen?

Bußgelder sind angedacht und die werden voraussichtlich empfindlich hoch sein. Aber in der Praxis erwächst aus einem Verstoß gegen die Etikettierung eher ein Rechtsanspruch. Wenn der Verbraucher nicht mit den entsprechenden Informationen versorgt wurde und unzufrieden ist, dann kann er den Anbieter, der ihm die Anlage einbaute, verklagen. Das wird sicherlich auch vereinzelt passieren, weshalb sich die Branche schon aus Eigeninteresse an die Vorschriften halten wird. Ansonsten werden natürlich auch die Schornsteinfeger darüber wachen, dass die Anlagen den Normen entsprechen.


Welche Folgen wird die neue Richtlinie haben?

Die Richtlinie betrifft vor allem Niedertemperatur-Gaskessel, die in Essen noch zu Tausenden in Betrieb sind. Denn der ganze Bereich der Standardheizkessel wird ab dem 26. September 2015 nicht mehr existieren. Die Hersteller werden alle Gerätelinien aus dem Programm nehmen müssen, weil sie eben die Effizienzanforderungen der Ökodesign-Richtlinie nicht mehr erfüllen. Wenn Sie heute mit dem Standardheizkessel ein Einfamilienhaus heizen, werden Sie nach dem 26. September nicht mehr die Möglichkeit haben, die Geräte eins zu eins auszutauschen. Sie müssten einen höherwertigen Gas-Brennwertkessel einsetzen. Das wird teurer. Und es kann auch technische Schwierigkeiten geben, weil das nicht immer baulich umsetzbar ist.


Gibt es keine Ausnahmen?

Es gibt zwei Ausnahmen. Das ist zum einen der Niedertemperatur-Heizkessel für einen mehrfach belegten Schornstein, wie man ihn in Etagenheizungen eines Mehrfamilienhauses findet. Da wird es auch nach September die Möglichkeit geben, diese eins zu eins auszutauschen, wobei die Auswahl an Geräten beschränkt sein wird. Die Produktlinien laufen ja aus. Jeder Hersteller bietet im Prinzip nur noch ein Gerät, um genau diesen Fall abdecken zu können. Zum anderen dürfen Geräte, die noch auf Lager liegen, über den Stichtag hinaus verbaut werden. Sie dürfen aber nicht mehr neu in den Markt gebracht werden.


Welche Aufgaben erwachsen aus der neuen Richtlinie?
Auf die Fachhandwerker und Fachplaner wird seitens der Kunden viel Beratungsbedarf zukommen. Ich empfehle, dass sie schon jetzt ihre Kundenbestände durchsuchen sollten, um hier Altlasten aufzudecken und ihre Kunden im Vorfeld aufzuklären. Denn bis das Ganze beim Endverbraucher angekommen ist, dürfte es meist zu spät sein. Die Fachhandwerker und -planer sollten ihre Chance jetzt nutzen – was natürlich auch einen zusätzlichen Markt generieren kann. Der Informationsbedarf ist groß. Die Beratung sollte man jetzt in Angriff nehmen.

Kontakt
Martin van Beek
Innung für Sanitär- und Heizungstechnik Essen
www.shk-innung-essen.de